Heute nehme ich dich mit in die Entstehungsgeschichte von «Raus aus dem Korsett». Was hat mich zu diesem Titel bewogen und was könnte es mit dir gemeinsam haben?
Ein Blick zurück in meine Lebensgeschichte
Den Grossteil meines Lebens lebte ich mit einem sehr geringen Selbstbewusstsein. Ich fühlte mich in mir unsicher, betrachtete mich als schüchtern und war ständig auf der Suche nach Anerkennung und Bestätigung durch mein Umfeld.
Erreicht habe ich dies, indem ich gute intellektuelle Leistungen erbrachte, möglichst die Meinung anderer übernommen und Konfrontationen gemieden habe. All das, um nicht auf Gegenwind und Ablehnung zu stossen und dadurch die Anerkennung, das Gefühl von «geliebt zu werden» nicht zu riskieren. Das war für mich «lebensnotwendig», um mit meiner Unsicherheit überhaupt klarzukommen, und zwar seit meiner frühesten Kindheit.
So wirklich bewusst wurde mir dieses Verhalten jedoch erst vor wenigen Jahren und das schmerzte sehr. Als ich begann davon zu erzählen, dass ich mich in mir unsicher fühle, bekam ich oft die Rückmeldung «DU? Das kann ich kaum glauben, du wirkst so sicher und souverän».
Tja, nach aussen hatte ich meine Fassade, mein Auftreten perfektioniert, liess mir meine Unsicherheit nicht anmerken.
In mir drin herrschte ein permanenter Stress, ja nicht riskieren abgelehnt zu werden, ja keine Fehler zu machen.
Nur bei sehr wenigen Menschen, bei denen ich mich sicher fühlte, allen voran meinem Partner, getraute ich mich, meine verletzliche Seite zu zeigen.
Was war also meine Reaktion, nachdem mir mein bisheriger Lebensstil bewusst wurde? Ich schmerzlich den Preis meines bisherigen Verhaltens erkannte? Das pure Gegenteil! Ich hatte mir auf die Fahne geschrieben. "Ich will ab jetzt 100 % eigenständig sein, mich vollkommen unabhängig machen davon, dass andere mir bestätigen müssen, dass ich ok bin."
Eine typische Pendel-Bewegung – von einem Extrem ins andere. War diese Einstellung hilfreich? Heute sage ich ganz klar JA, um aus dem Schmerz dieses Erkennens überhaupt in die Gänge zu kommen, um überhaupt eine Veränderung zuzulassen und mich auf den Weg zu machen, um herauszufinden, «Wer ich denn überhaupt bin».
Vor lauter Anpassen wusste ich nicht mehr, was ist wirklich meins und was habe ich von anderen übernommen?
Ich brauchte also diese Antriebsenergie, um von dem Schmerz der Abhängigkeit davonzulaufen.
Mittlerweile hat sich dieses Pendel etwas beruhigt und ich habe erkannt, dass wir Menschen als soziale Wesen durchaus auf die Anerkennung von aussen angewiesen sind. Sie befriedigt ein Ur-Bedürfnis von uns Menschen von Zugehörigkeit und Verbundenheit mit einem sozialen Konstrukt. Der Teil in uns, der diese Anerkennung wünscht ist also absolut in Ordnung, sofern es in einem gesunden Rahmen ist und nicht toxisch wird, wie das bei mir lange Zeit der Fall war.
Wo stehe ich heute?
Ich lerne diese Anerkennung von aussen wieder anzunehmen und auch zu geniessen! Nun aber von einem ganz anderen Standpunkt aus. Heute bin ich nicht mehr abhängig davon, ja sogar süchtig danach, «zwinge» also mein Umfeld auch nicht mehr, mir diese Anerkennung zu liefern.
Mein Selbst-Bewusstsein wird von Tag zu Tag stärker, ich fühle mich in mir und mit mir sicherer und kann unverkrampfter mit meinem Umfeld interagieren. Ich erkenne immer besser, was ist meins und was nicht.
Das hilft mir, meine eigene Meinung kundzutun, mein eigenes Profil zu schärfen und die neue Sibylle der Welt zu zeigen. Heute erkenne ich immer besser, was Sibylle will und was nicht und getraue mich auch, dies auszusprechen.
Mein Selbst-Bewusstseins-Muskel wird von Tag zu Tag trainierter und so kann ich mein Korsett der Anpassung immer weiter lockern. Es fühlt sich viel freier an, gibt mir gefühlt Luft zum Atmen und ich lerne immer besser mich entspannt auf das Leben mit seinen verschiedenen Facetten einzulassen und Freude und Spass darin zu finden.
Für mich ein Geschenk, eine Neugeburt» – Raus aus dem Korsett» eben.
Wenn du bis hierhin gelesen hast, dann gehe ich davon aus, dass dir dieses Verhalten nicht ganz fremd ist. Ich möchte dich motivieren, wenn du auch nur den kleinsten Funken in dir spürst, diesbezüglich etwas in deinem Leben zu verändern, dann mach es. Riskiere es, dich auf den Weg zu machen.
Frag dich immer
Welcher Preis ist der höhere, wenn ich bleibe wie ich bin oder wenn ich beginne mich zu verändern?
Welchen Preis bin ich bereit zu bezahlen?
Was bin ich mir selbst Wert?
In meinem Fall merkte ich, dass dieser permanente innere Stress an meiner körperlichen Substanz und an meiner Lebensfreude zehrte, und das war es mir nicht länger Wert.
Meine Geschichte und mein Weg haben mich dazu veranlasst, daraus meine Herzens-Mission zu machen. Menschen genau auf diesem Weg zu begleiten, denn ich weiss aus eigener Erfahrung, wie harzig dieser Weg sein kann und mit wie vielen Herausforderungen und (Existenz-)Ängsten er gepflastert sein kann.
Mein Wunsch an dich: Traue dich und mache es für dich. Das ist das grösste Geschenk, dass du dir selbst und deinem Umfeldn machen kannst.
Von Herz zu Herz
Sibylle
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